Meine 7 größten strategischen Fehler als Foodtruck-Betreiber und was ich daraus gelernt habe
07.08.2025
Als ich im Jahr 2014 beschlossen habe, mich mit einem Food Truck selbstständig zu machen, klang das für mich einfach nur cool. Ich wollte schon immer etwas ganz Eigenes machen, hatte aber nie daran gedacht, dass es irgendwas mit Gastronomie zu tun haben wird.
Nun ja, wie es so ist, entstehen manchmal "große" Ideen (zumindest für mich groß) aus völlig unscheinbaren Situationen. Tatsächlich war es einfach eine Unterhaltung mit meinen Studienkollegen und –kolleginnen. Falls es dich interessiert, wie das genau ablief, kannst du es in diesem Artikel nachlesen: Warum ich Herrn Rogger hasse, aber ihm dankbar bin.
Also stand irgendwann fest, dass ich es machen werde. Ich hatte in meinem Studium viel über die Betriebswirtschaft und Marketing gelernt. Logisch. Habs ja schließlich studiert.
Theoretische Erfahrungen, wie man den eigenen Betrieb leitet hatte ich also.
Das Problem nur: Ich hatte fast 0,0 % praktische Erfahrung in der Gastronomie und fast 0,0 % praktische Erfahrung, wie es ist, wirklich einen Betrieb zu leiten (die fünf Jahre GbR mit meiner Band klammere ich an dieser Stelle mal aus).
Diese Tatsache stellte mich vor so einige Herausforderungen. Und mit Herausforderungen einher geht nicht selten, das man Fehler macht. Ich verrate dir, welche meine größten waren.
1. Unterschätzung, wie lange es dauert bis man wirklich starten kann
Gut, mir war natürlich bewusst, dass ich mir nicht heute einen Food Truck kaufe und in zwei Woche meine erste Portion über den Tresen wandert. Aber dass tatsächlich fünfeinhalb Monate vergehen, bis ich wirklich starten kann, hatte ich so nicht geplant.
Stell dir mal vor, diese fünfeinhalb Monate hat es nicht gedauert, weil ich noch irgendetwas an meinem Konzept nachjustieren musste oder dergleichen. Es hat einfach fünfeinhalb Monate gedauert, weil noch einiges am Truck gemacht werden musste und es sich unglaublich in die Länge zog. Der Innenumbau dauerte mit drei Monaten deutlich länger als erwartet. Und dann war aus dem Nichts die Getriebeölpumpe defekt. Ok, das konnte relativ zügig behoben werden.
Bereitet auf Risiken vor -
egal mit welchem Gastro-Konzept
Aber diese beschissene Gasanlage …
ich sags dir …
hat mich den letzten Nerv gekostet. Als wäre es nicht schon nervig genug gewesen, überhaupt jemanden zu finden, der sie abnimmt, stellte sich heraus, dass die Gasanlage, so wie sie verbaut war, eigentlich niemals hätte in Betrieb genommen werden dürfen.
Zum Hintergrund: Ich habe den Truck gebraucht gekauft und er war davor schon für ein Jahr in Berlin unterwegs. Scheinbar hat das dort niemanden interessiert …
Korrekt wie ich bin, wollte ich natürlich alles richtig machen. Aber dieses "richtig machen" kostete mich leider extrem viel Zeit. So war es mehr oder weniger ein Trial & Error, bis ich schließlich jemanden gefunden hatte, der mir diese Anlage so baut, wie sie sein muss.
Lediglich die letzten zwei Wochen Verzögerung gingen "auf meine Kappe", weil eben noch dies und jenes zu tun war.
So startete ich am 12. Mai 2016, ungefähr zwei Monate später als ich wollte.
Was ich diesmal anders machen würde:
Beim Kauf des Food Trucks zweimal hinschauen und alles etwas gelassener nehmen. Schließlich steht man noch genug Jahre im Truck. Da kommt es auf ein paar Monate nicht an.
2. Unterschätzung der Bürokratie
Die Bürokratie stellte zwar keine zeitliche Verzögerung für mich dar. Aber dieser permanente Aufwand, den die Selbstständigkeit in unserem Land so mit sich bringt, geht mir nach wie vor auf den Sack.
Jeder Furz, den du lässt, muss dokumentiert werden.
Moment, er muss erst noch beantragt und abgesegnet werden und dann dokumentiert werden.
Nur damit er dann nach der Dokumentation nochmal abgesegnet wird und du dagegen Einspruch erhebst und neue Fürze darlegen musst.
Mal ehrlich. Wir jammern hier rum, dass die Wirtschaft permanent nachlässt. Wir wundern uns, warum wir im internationalen Vergleich abkacken. Wir fragen uns, wie man alles besser machen könnte und wir wieder eine führende Wirtschaftsnation werden und kommen zu keinem besseren Entschluss, als noch mehr bürokratische Hürden aufzuerlegen. Anstatt sie abzubauen …
Ich bin ja mal gespannt, wie das unter der "neuen" Regierung läuft. Ob sie es wirklich gebacken bekommt, den von der Ampel an die Wand gefahrenen Karren zu flicken und halbswegs fahrtauglich zu machen.
Große Hoffnung habe ich darauf nicht, wenn ich mir so die ersten Monate der """"""neuen""""" Regierung so ansehe.
Und ich spreche aus der Perspektive eines Ein-Mann-Foodtruck-Betriebs. Nicht aus der eines Großkonzerns. Wie es wohl für die erst bürokratisch aussehen mag?
Vor einigen Jahren habe ich das Buch "Milchschaumschläger" gelesen. Sehr kurzweilig, das Ding. Ein Satz ist mir immer noch in Erinnerung geblieben, den ich jetzt nur sinngemäß wiedergeben kann: In Türkei, wenn du aufmachen willst Café, du machst einfach auf Café!
Gut, ganz so unkontrolliert muss es nicht ablaufen. Aber man darf sich hierzulande durchaus von diesem Leichtmut inspirieren lassen. Ich hätte nichts dagegen.
Wie dem auch sei. Man kommt leider um den ganzen "Rotzmist", wie ich gerne Zulassungen, Dokumentationspflichten, Steuererklärungen, Umsatzsteuervoranmeldungen, usw. bezeichne, nicht herum.
3. Zu kurz gedachte Standortwahl
Dass es überhaupt schwierig wird, vier Standorte zusammenzubekommen, die halbwegs Sinn ergeben, hatte ich mir nicht ausgemalt, als ich dabei war, mein Konzept zu formen. Dass es aber ausgerechnet an dem belebtesten und vielversprechendsten Standort mit Abstand am schlechtesten läuft, umso weniger.
Die Wahl der richtigen Standorte für einen Foodtruck sind die halbe Miete, wenn es darum geht, finanziell in den ersten Jahren auf die Beine zu kommen.
Da brauchen wir uns nichts vormachen. Umso wichtiger ist es, Standorte zu finden, die genau das gewährleisten: Viel Umsatz in einer kurzen Zeitspanne.
Leider entpuppten sich meine vier Anfangs-Standorte wie folgt:
Dienstag (mitten in der City an der Donnersbergerbrücke, umgeben von zig Bürokomplexen) – katastrophal vernichtend
Mittwoch (Ottobrunn, so halb in der Pampa, neben einem Bürokomplex) – mittelmäßig
Donnerstag (Sendling, unweit der einst glorreichen „Siemenswerke“) – weniger als mittelmäßig
Freitag (Moosach, beim größten regionalen Versorgungswerk) – anfangs mittelmäßig, dann prächtig
Erfolg ist wiederholbar
Das hatte zur Folge, dass ich den Dienstag bereits nach zwei Versuchen aufgab, den Donnerstag nach einem halben Jahr und den Mittwoch nach knapp zwei Jahren.
Für Dienstag hatte direkt ich am Ostbahnhof eine super laufende Alternative gefunden. Donnerstags fuhr ich nach Ismaning, wo es mal mäßig und mal sehr gut lief. Der Mittwoch blieb dann nach den zwei Jahren einfach vakant.
Stück für Stück reduzierte ich meinen Mittagstisch, bis am Ende nur noch der Freitag übrig blieb, den ich dann aber auch irgendwann einstellte und schließlich komplett auf Caterings umstieg.
Du siehst also, dass man manchmal mit seiner Einschätzung falsch liegt. Mein gedacht-bester Standort sollte mein mit Abstand schlechtester werden. Ich hatte einfach meine Hausaufgaben nicht richtig gemacht. Zu viel Konkurrenz an dem Standort ... Wie du die richtigen Standorte für dich findest, hab ich dir schon in einem früheren Artikel verraten.
4. Zu breite Speisekarte
Es ist eigentlich klar, dass das Speisenangebot eines Foodtrucks überschaubar ist. Ich hatte mittags auch keine zehn verschiedenen Gerichte am Start. Genau genommen waren es zwei Vorspeisen, zwei Hauptspeisen und ein Dessert. Alles wöchentlich wechselnd.
Es dauerte eine Weile, bis ich herausfand, dass auch zwei wöchentlich wechselnde Hauptgerichte völlig ausreichend, um den gleichen Umsatz zu erzielen.
Beim Catering hingegen war meine Speisekarte äußerst umfangreich. Viel zu viele Speisen, mit denen ich die Kunden vor die berühmte "Qual der Wahl" stellte. Vor allem enthielt meine Speisekarte aber auch eine Vielzahl an Gerichten, die ziemlich aufwendig in der Herstellung waren. Und auch manche, deren Konsistenz zu sehr litt, wenn man sie in großen Mengen eine Weile warmhielt.
Wenn ich heute nochmal von vorne anfangen würde, würde mein jetziges Ich meinem früheren Ich sagen: Mach nur das Nötigste und nicht alles, was du kannst.
5. Fehlendes finanzielles Polster
Oh ja … das liebe Geld.
Jede Existenzgründung kostet eine Stange Geld. Als frischgebackener Hochschulabsolvent hatte ich davon nicht sonderlich viel. Ich musste schon arg alles zusammenkratzen, damit ich mir meinen Food Truck kaufen und ihn umbauen konnte. Just als mir so langsam, aber sicher die Moneten ausgingen, konnte ich aber endlich an den Start gehen. Von da an war es zumindest ein sich "komfortabel über Wasser Halten".
Need some quick help in English?
Was jedoch viel folgenschwerer war, war die Tatsache, dass ich völlig verdrängt hatte, dass früher oder später mal Post vom Finanzamt eingehen wird, in der man mich auffordert, mehr als das bisschen Steuern aus der Startphase zu begleichen. Oder sagen wir besser: sehr, sehr viel mehr.
Es muss das dritte Jahr gewesen sein, vielleicht war es auch das vierte. So ganz genau weiß ich das nicht mehr. Ist schon ein Weilchen her. Auf jeden Fall wurde ich in meinem ersten Jahr sehr gering veranlagt.
Logisch … hohe Investitionsausgaben, wenig Umsatz. Das Geschäft musste erst noch aufgebaut werden. Viel konnte nicht hängen bleiben und blieb auch nicht hängen.
Im zweiten Jahr lief es dann deutlich besser. Ich war aber noch veranlagt wie im ersten Jahr. So als würde ich nur am Rande des Existenzminimums leben.
Jahr drei funktionierte dann schon fast richtig gut. Es kam noch mehr rein als im zweiten Jahr. Ich war aber noch immer veranlagt, wie im ersten.
Das hatte dann irgendwann zur Folge, dass eine richtig dicke Nachzahlung für das zweite und dritte Jahr fällig war, sowie eine richtig dicke Vorauszahlung für das vierte.
Diese Nach- und Vorauszahlung hätte mir finanziell fast das Genick gebrochen. Denn es war natürlich nicht nur das Finanzamt, das Geld von mir wollte, sondern auch meine Krankenkasse, bei der es ähnlich ablief. Außer, dass ich keine dicke Vorauszahlung leisten musste, sondern lediglich die Nachzahlung + dass mein Beitrag für das laufende Jahr entsprechend nach oben geschraubt wurde.
Seitdem habe ich es mir angewöhnt, ein so dickes Polster aufzubauen, um gegen solche bösen "Überraschungen" gefeit zu sein.
6. Überarbeitung und fehlende Work-Life-Balance
Das das Leben in der Selbstständigkeit kein Zuckerschlecken wird, war mir bewusst.
Zumindest kein Zuckerschlecken in den ersten Jahre, bis alles so läuft, wie man es sich vorstellt.
Mittlerweile weiß ich, dass es auch ein Zuckerschlecken sein kann. Am Anfang war es das, wie geschrieben, nicht.
Ich arbeitete viel zu viel, vernachlässigte soziale Kontakte außerhalb der Arbeit und Freizeit und Hobbys sowieso. Alles, was ich an Zeit zur Verfügung hatte floss in die Arbeit oder die Familie.
Das als Dauerzustand für den Rest meines Lebens einfach hinzunehmen, ging nicht mit meinem Drang nach Selbstbestimmtheit einher. Also krempelte ich um, was ich umkrempeln konnte. Von einst regelmäßig mehr als 60 Std. pro Woche bin ich mittlerweile im Jahresschnitt bei 20 Stunden für den Food Truck angekommen. Und das, obwohl ich jetzt ein Vielfaches verdiene.
Aber es war eben keine ad-hoc Maßnahme, die von heute auf morgen funktionierte. Sondern ein stetiges Ausloten und Verbessern.
Arg viel hätte ich zu Beginn nicht anders machen können. Jedes Geschäft muss nun einmal zuerst aufgebaut werden, bevor es ordentlich funktioniert. Ich denke schon, dass ich ziemlich zielstrebig an die Sache herangegangen bin. Aber ich hätte mir durchaus mehr Freiräume gönnen dürfen und nicht in jeden sauren Apfel beißen müssen.
7. Zu spät "Eier in der Hose"
So wie ich den Food Truck jetzt betreibe, ist es ein Spiel komplett nach meinen Regeln.
Es ist die Selbstbestimmtheit, die eigentlich ein jeder Unternehmer haben sollte.
Ich habe klare Trenngrenzen, was ich mache und was ich machen will und in welchen Momenten ich nein sage.
Ich weiß, welche Aufträge ich will und nehme außer diesen auch keine an.
Ich weiß, dass ich keine Gefälligkeiten anbiete, nur um einen Auftrag mehr zu bekommen.
Ich gewähre keine Rabatte, weil das Budget des Interessenten nicht ausreicht.
Ich biete keine Reservierungen an, sondern ausschließlich verbindliche Buchungen.
…
...
Das mag zwar ein bisschen harsch klingen. Aber im Endeffekt ist es mein Business, mein Leben und meine Zeit. Und dafür entscheide ich, wie ich sie verwenden möchte und was dabei für mich rausspringen soll.
Wenn das nicht jedem passt, ist es für mich mehr als in Ordnung. Denn würde es jedem passen, wüsste ich, dass ich das Spiel nicht nach meinen Regeln spiele.
Übrigens … wenn du auch lernen willst, wie du ein lukratives Spiel nach deinen Regeln erschaffst, dann ist das hier etwas für dich:
Der Food Truck Catering Code
Fazit
Der Weg in die Selbstständigkeit mit einem Foodtruck war für mich eine Mischung aus Trial & Error, harter Realität und wertvollen Erkenntnissen.
Ich bin mit viel Enthusiasmus und Theorie-Wissen gestartet, aber ohne die nötige Praxis in Gastronomie oder Betriebsführung. Das führte zu zahlreichen strategischen Fehlern – von einer zu optimistischen Startplanung über bürokratische Stolperfallen bis hin zu unklugen Standort- und Menüentscheidungen.
Ich habe gelernt, dass eine gute Vorbereitung allein nicht reicht. Man braucht auch Geduld, Flexibilität, ein finanzielles Polster und vor allem klare Prinzipien, wie man sein Geschäft führen will.
Heute stehe ich selbstbestimmter da als je zuvor – mit weniger Arbeitszeit, mehr Ertrag und einem klaren Fokus auf das, was mir wichtig ist.
Rückblickend war jeder Fehler ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem nachhaltig erfolgreichen Business. Und auch wenn ich manches anders machen würde ... ohne diese Lektionen wäre ich heute nicht da, wo ich bin.
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