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Wann kaufen die Leute bei deinem Food Truck? - Ein Ausflug in die Preispsychologie

25.01.2024

Kennst du noch den guten Harry Wijnvoord aus der Sendung „Der Preis ist heiß“?

In dieser Gameshow mussten Kandidaten den Preis von Produkten schätzen, um somit möglichst viele Punkte zu sammeln und am Ende satte Gewinne einzustreichen.

Doch in diesem Blogartikel geht es nicht darum, Preise zu schätzen oder gar zu würfeln. 

Ich möchte dir eine kleine Einführung in die Preispsychologie geben, um dir - zumindest theoretisch – aufzuzeigen, welchen Einfluss nicht nur bestimmte Ziffern, sondern auch bestimmte Techniken eines Preises auf die Wahrnehmung deiner Kunden haben.

Ob und wie du diese dann letztendlich für deinen Food Truck einsetzt, bleibt dir überlassen. Am Ende des Artikels prüfe ich diese Techniken auf ihre Umsetzbarkeit für Food Trucks.

Aber auch wenn du diese Techniken nicht nutzt oder nicht für deinen Food Truck nutzen möchtest, solltest du trotzdem bis zum Ende lesen

Oder möchtest du nicht wissen, wie die bösen Großkonzerne versuchen, uns als Kunden mit ein paar Taschenspielertricks zu manipulieren?

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Wir alle haben uns sicher schon einmal gefragt, warum wir im Supermarkt häufig Preisen begegnen, die auf ,99 enden, also z.B. 0,99 €.

Im Endeffekt ist natürlich klar, dass z.B. bei 4,99 € uns der eine Cent einen feuchten Larry kümmert.

Wenn ein Notizbuch 4,99 € kostet und uns jemand danach fragt, wie viel wir dafür bezahlt haben, dann antworten wir nicht „Vier Euro und neunundneunzig Cent“, sondern „Fünf Euro“.

Wäre auch viel zu lange auszusprechen … „Vier Euro und neunundneunzig Cent“.

Und wir (Menschen) sind ja bekanntlich faule Wesen. Deshalb also fünf Euro statt vier neunundneunzig.

So viel Wirkung für einen Cent weniger Umsatz?

Aber welchen Hintergrund hat es nun, dass die Läden 4,99 und nicht 5,00 schreiben?

Das hat einen ganz einfachen Grund. Denn Preise, die auf 9 enden und damit knapp unter einem runden Einer- (z.B. 4,99 €), Zehner- (z.B. 29 €), Hunderterwert (z.B. 199 €), usw. liegen, haben einen massiven Einfluss auf unsere Wahrnehmung und damit auf unsere Kaufwahrscheinlich. In der Fachsprache bezeichnet man dieses Phänomen als den „Left Digit Effect“. Und halt dich fest: Dieser Effekt wird bereits seit über 100 Jahren untersucht.

Der Left Digit Effect besagt, dass eine minimale Veränderung des Preises überproportional stark wahrgenommen wird, wenn sich dadurch die linke Ziffer des Preises ändert (Thomas & Morwitz, 2005).

Also nehmen wir statt 8,00 € „nur“ 7,99 € für eine Portion, ändert sich dadurch die linke Ziffer. Der Preis wird dadurch als deutlich niedriger wahrgenommen, obwohl der Unterschied gerade einmal einen Cent beträgt.

Verlangen wir statt 8,02 € hingegen 8,01 € ändert sich dadurch die linke Ziffer nicht (kein Left Digit Effect). Wir erhöhen damit die Kaufwahrscheinlichkeit nicht. Oder anders gesagt: Das ist deinen Kunden schnurz.

Alte Kamelle, meinst du?

 

Ok, war mir vor meiner Recherche für mein Buch „Verkauf dich nicht unter Wert“ zwar auch bekannt mit den ,99, aber nicht im fachlich korrekten Kontext.

Gibt aber noch mehr Sachen oder besser gesagt mehr Preise, die einen Einfluss auf unsere Kaufwahrscheinlichkeit haben.

Denn wo ein Left Digit Effect, da auch ein Right Digit Effect.

Beim Right Digit Effect sieht es so aus, dass wenn die linke Ziffer identisch ist, ein Preisunterschied bei hohen Endziffern weniger stark wahrgenommen wird als bei niedrigen (Coulter & Coulter, 2007).

Das bedeutet, dass z.B. der identische Preisunterschied von 12,00 € bei den Preisen 205,00 € vs. 217,00 € stärker wahrgenommen wird als bei 175,00 € vs. 187,00 €.

Ganz nach dem Motto "Jetz is a scho wurschd!"

Neben dem Left und Right Digit Effect gibt es noch ein paar weitere Möglichkeiten, die den numerischen Preis attraktiver erscheinen lassen können.

Wusstest du z.B., dass ein Preis attraktiver wirken kann, wenn er …
- Ziffern des Geburtstags enthält (Coulter & Grewal, 2014)
- Ziffern mit einem persönlichen Bezug (z.B. zum Lieblingsverein) enthält (Husemann-Kopetzky & Köcher, 2017), wie in etwa 18,60 € (→ TSV 1860 München), 19,00 € (1. FC Kaiserslautern), 19,09 € (→ Borussia Dortmund), 19,04 € (→ Schalke 04) oder nur Teile davon
- Glückszahlen enthält (Husemann-Kopetzky, 2020), z.B. 7,77 €?

Umgekehrt wird wahrscheinlich ein Bayern-Fan ungern etwas für 18,60 € kaufen oder ein abergläubischer Mensch etwas für 13,13 €.

So viel zur numerischen Gestaltung des Preises.

M wie auf gar keinen Fall Manipulation

Doch wie versprochen, gibt es neben dieser auch Techniken, die gut und gerne angewendet werden. Bevor wir uns diesen widmen, geht es zunächst darum zu verstehen, wie ein Preis eigentlich wirkt.

Also ganz grundsätzlich und unabhängig davon, welche numerischen Ziffern er enthält.

Der Preis ist eine objektive Größe, ausgedrückt durch eine absolute Zahlenfolge.

Wir als Konsumenten übersetzen diese objektive in eine subjektive Größe.

Deshalb fällt die subjektive Preiswahrnehmung eines identischen Preises für das identische Produkt bei zwei Individuen in den meisten Fällen unterschiedlich aus. Für den einen sind 12,00 € für eine Pizza Margherita völlig in Ordnung, dem anderen ist das viel zu viel …

Diese subjektive Preiswahrnehmung hat einen Einfluss auf das Kundenverhalten im Sinne der Kaufwahrscheinlichkeit. Die nachstehende Grafik verdeutlicht dies.

Kaufwahrscheinlichkeit Einfluss Preis


Zusammenhang zwischen objektivem Preis, subjektivem Preis und der Kaufwahrscheinlichkeit (eigene Darstellung in Anlehnung an Monroe (1973, S. 74)

Zur Erklärung der Grafik: Jeder objektive Preis führt in der Wahrnehmung zu einem subjektiven Preis und hat einen Einfluss auf die Kaufwahrscheinlichkeit (durchgezogene Linien mit Pfeil).

Dieser subjektive Preis ist jedoch nicht in Stein gemeißelt.

Durch sogenanntes „Framing“ wird versucht, die subjektive Preiswahrnehmung derart zu beeinflussen, dass der objektive Preis nicht mehr so teuer erscheint und folglich die Kaufwahrscheinlichkeit erhöht wird (gestrichelte Linien mit Pfeil).

Um die Wirkung von Framing zu verdeutlichen, möchte ich ein kleines Quiz mit dir machen.

In welchen Fällen würdest du eher kaufen/teilnehmen?

1a) Bei unserem Gewinnspiel gewinnen 7 von 10 Personen.
1b) Bei unserem Gewinnspiel verlieren nur 30 % der Teilnehmer ihren Einsatz.

2a) Hol dir den neuen Flatscreen-TV für nur 1.000 €.
2b) Sicher dir unser günstiges Ratenangebot und gönne dir den neuen Flatscreen-TV bei sechs Raten für nur 179 € im Monat.

3a) Probiere unsere fein gemahlenen Haferflocken für 1,99 €.
3b) Probiere unseren köstlichen Porridge für 1,99 €.

Lass mich raten, wofür du dich entschieden hast: 1a, 2b, 3b, richtig?

Die faktischen Inhalte bei Beispiel 1 sind exakt gleich: 70 % gewinnen, 30 % verlieren. Dennoch würden sich wahrscheinlich mehr Leute für die Teilnahme am Gewinnspiel entscheiden, wenn der Aufruf nach Option a) formuliert wäre, da der Mensch Risiko vermeiden möchte. Wir haben eine Verlustaversion.

„7 von 10 gewinnen“ hört sich besser an als „30 % verlieren“.

Je nach Darstellung beurteilen wir Risiko unterschiedlich, obwohl nüchtern betrachtet, beide Werte dasselbe aussagen.

Beim zweiten Beispiel stehen sich zwei Preise gegenüber: 1.000 € für den Direktkauf oder 6*179 € als Ratenzahlung „für den kleinen Geldbeutel“.

Dabei kommt die Ratenzahlung den kleinen Geldbeutel am Ende deutlich teurer zu stehen als der Direktkauf.

Ein großer Preis wurde in kleinere Teilpreise heruntergebrochen, um ihn nicht mehr so groß erscheinen zu lassen.

Das kann ich mir eher leisten, als auf einmal so viel auszugeben, werden sich viele denken.

Bei Beispiel 3 haben wir zweimal denselben Preis für das eigentlich gleiche Produkt: Haferflocken. Fein gemahlene Haferflocken hören sich aber nicht unbedingt begehrenswert an, ein köstlicher Porridge hingegen schon viel mehr.

Framing ist kein ausschließlich preisbezogenes Phänomen.

Hey, nur 129,- € ↓

Denn Framing beschreibt allgemein die gezielte Beeinflussung, um damit die Wahrscheinlichkeit zu einer gewünschten Handlung zu erhöhen.

In der Wirtschaft und bei unserem täglichen Einkaufserlebnis finden sich unendlich viele Beispiele des Framings, die zum Kauf verleiten sollen.

Nicht selten grenzt es daran, Konsumenten gezielt hinters Licht zu führen und geht zu deren Lasten.

Natürlich gibt es auch noch weitere Techniken, mit denen die Kaufwahrscheinlichkeit erheblich erhöht werden kann, wie z.B. durch Abomodelle, den Preis als Qualitätsindikator oder Bundling.

Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, kannst du dir für einen Spottpreis mehr Wissen dazu aneignen.

Nun aber die Frage:

Machen diese oben genannten Strategien Sinn für einen Food Truck?

Left Digit Effect

Wir erinnern uns: Beim Left Digit Effect möchten wir durch eine minimale Änderung des Preises die linke Ziffer senken, um somit den Preis niedriger wirken zu lassen und die Kaufwahrscheinlichkeit zu erhöhen.

Dass es diesen Effekt gibt, ist unbestritten. Wenn du – wie die meisten Food Trucker – im Alltag bzw. freien Verkauf mit Bargeld hantierst, wird dich dieser eine Cent zur Weißglut treiben.

Denn dieser eine Cent animiert deine Kunden geradezu, sämliches nordisches Gold und Rotgeld zusammenzukratzen, um es loszuwerden und auf jeden Fall exakt bezahlen zu können.

Anstatt dir also einfach einen 10 € Schein in die Hand zu drücken, wird für 7,99 € erst der 5er-Schein rausgeholt.

Anschließend wird das Münzfach aufgeklappt, es folgt das Herauskramen der 2 € Münze, dann der 50 Cent Münze.

Nun die gedankliche Unterbrechung des Zahlvorgangs: Wie viel habe ich nun hingelegt? – 7,50 €, ach ja. Fehlen noch … nooooooch … 49 Cent.

Es folgt eine 20 Cent Münze – 7, 70 €.

Eine 10 Cent Münze – 7,80 €.

Noch eine 10 Cent Münze – 7,90 €.

Fehlen noch 9 Cent.

Eine 5 Cent Münze – 7,95 €.

Eine 2 Cent Münze – 7,97 €.

Oh – mir fehlen noch zwei Cent.

Für diesen Guide brauche ich kein Geld - deine E-Mail-Adresse reicht

 

Nun sagst du entweder „Passt schon“ oder du wartest ab, welche Schätze dein Kunde noch so aus dem Hut zaubert.

Oder dein Kunde bricht in dem Moment selbst ab, packt sein Geld wieder ein und reicht dir doch den 10 € Schein rüber und du gibst ihm sein Rückgeld.

Um es kurz zu machen: Gebrochene Preise sind im freien Verkauf mit dem Food Truck nervig.

Es dauert viel zu lange und stört den Kundenfluss, damit du einen hohen Output erzielen kannst.

Bei deinen Catering-Angeboten – wenn dein Kunde dich per Überweisung bezahlt - kannst du es natürlich schon machen.

Right Digit Effect

Beim Right Digit Effect besagt, dass wenn die linke Ziffer identisch ist, ein Preisunterschied bei hohen Endziffern weniger stark wahrgenommen wird als bei niedrigen.

Diesen Effekt können wir uns als Food Trucker insbesondere dann zunutze machen, wenn wir die Preise erhöhen möchten bzw. müssen, z.B. aufgrund der Inflation.

Ändern wir den Preis beispielsweise von 8,70 € auf 8,90 € (jetzt ist es auch schon egal).

Mal davon abgesehen, dass wir die Erhöhung von 8,70 € auf 8,90 € mit dem Auge eher akzeptieren als bei einer Erhöhung von 8,10 auf 8,30 €, weil wir als Käufer gedanklich sowieso schon an der 9 €-Marke nagen, ist die prozentuale Erhöhung im ersten Fall tatsächlich auch niedriger als im zweiten.

Bei der Erhöhung von 8,70 € auf 8,90 € erhöhen wir den Preis um rund 2,3 %.
Bei der Erhöhung von 8,10 € auf 8,30 € erhöhen wir den Preis um rund 2,5 %.

Nichtsdestotrotz haben wir auch hier noch die Geschichte mit dem Wechselgeld, weil wir ja nach wie vor keine runden Preise in ganzen Euro haben.

Glückszahlen und persönliche Bezüge

Macht es Sinn, die numerischen Preise mit Glückszahlen zu versehen oder gar persönliche Bezüge anzuwenden?

Hmm – die Frage kann erstmal nicht pauschal beantwortet werden.

Es kommt auf den Kontext an, würde ich sagen.

Stehst du beispielsweise an einem Spieltag mit deinem Food Truck in der Nähe des Signal Iduna Parks, könnte es durchaus verkaufsfördernd wirken, wenn du deine Speisen für 9,09 € verkaufst. Oder irgendeinen anderen Betrag, der auf ,09 endet.

Bietest du Kartenzahlungen an und zahlen deine Kunden hauptsächlich mit Karte, dann wäre es tatsächlich eine Überlegung wert. In allen anderen Fällen hast du ebenfalls die Hölle der Geldkramerei und des Wechselgeldes.

Framing

Mit Framing bieten sich aus meiner Sicht jedoch die größten Vorteile der Preisgestaltung, aus denen du als Food Trucker Profit ziehen kannst.

Gut – der Vollständigkeit halber ist natürlich auch die numerische Gestaltung der Preise in gewisser Weise schon Framing.

Aber das ist eben nur ein kleiner Bruchteil der Möglichkeiten, die das Framing bietet.

Unterm Strich wollen wir als Food Trucker verkaufen.

Am besten verkaufen, was das Zeug hält. Ob im freien Verkauf oder Caterings – wir wollen die Kaufwahrscheinlichkeit erhöhen.

Und glaub mir: Das ist definitiv möglich. Durch die gesamte Ausrichtung deines Food Truck Unternehmens, vor allem aber durch die Vermarktung.

Doch diese Informationen haue ich an dieser Stelle nicht einfach gratis über meinen Blog raus.

Aber bevor du dir Gedanken darüber machst, wie du deine Kunden mit attraktiv wirkenden Preisen „austricksen“ kannst, damit sie eher bei dir kaufen, solltest du dir zunächst grundlegende Gedanken darüber machen, wie du eine solide Preiskalkulation auf die Beine stellst.

Denn die psychologische Komponente des Preises ist die Kirsche auf der Torte.

Ohne Torte bringt dir die Kirsche nichts.

Richtige Preise werden weder gewürfelt, noch mit einer Pi mal Daumen Rechnung geschätzt.

Sie werden logisch hergeleitet und berechnet.

Wie du deine Preise richtig kalkulierst, erfährst du in der Food Truck Formel


Quellen:

Coulter, K. S. & Coulter R. A. (2007) Distortion of Price Discount Perceptions: The Right Digit Effect. Journal of Consumer Research, 34 (2), 162-173.

Coulter, K.S. & Grewal, D, (2014) Name-letters and birthday-numbers: implicit egotism effects in pricing. Journal of Marketing, 78(3),102–120.

Husemann-Kopetzky (2020) Preispsychologie: In vier Schritten zur optimierten Preisgestaltung (2. Aufl.). Wiesbaden: Springer-Gabler.

Monroe, K. B. (1973) Buyers‘ Subjective Perceptions of Price. Journal of Marketing Research, 10(1), S. 70-80.

Thomas, M. & Morwitz, V (2005) Penny Wise and Pound Foolish: The Left‐Digit Effect in Price Cognition. Journal of Consumer Research, 32 (1), 54-64.


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