5 Gründe, warum ich auch nach 7,5 Jahren noch auf keinem einzigen Food Truck Festival verkauft habe
29.11.2023
In meinem Anfangsjahr hatte ich noch richtig Bammel, mich bei keinem Food Truck Festival angemeldet zu haben. Da ich nicht genau wusste, wann ich endlich mit dem Verkauf starten konnte, habe ich das Thema Festivals erstmal ausgeklammert. Es war mir einfach zu unsicher. Weder wollte ich riskieren am Ende die Teilnahmegebühren umsonst bezahlt zu haben, noch fühle ich mich dafür gewappnet, einen Besucheransturm von mehreren Tausend Personen abzufertigen. Das war zumindest meine Vorstellung. Massenhaft Besucher und Stress ohne Ende.
Unsre Fans sind jetzt Mainstream
Zu meiner Anfangszeit waren Streetfood Festivals noch etwas Besonderes. Und bevor ich anfing, waren sie noch besonderer. Man musste als Besucher Eintritt zahlen. Wo ist das denn heute noch der Fall? Heute ist man froh, wenn ein paar hundert Hansel sich am Sonntagnachmittag zu einem Festival in Hinterdupfing verirren. Aber wie gesagt, damals war es eine andere Zeit. Und dennoch spürte man, dass sich in der Szene etwas änderte. Woran? Zum einen daran, dass plötzlich jedes Dorf sein „1. Eigenes Streetfood Festival“ feierte. Zum andere merkte man es daran, dass die Veranstalter sich nicht mehr zu schade waren, durch Kaltakquise am Telefon die Startplätze zu besetzen. Und nicht zuletzt merkte man es auch daran, dass „berühmte“ Food Trucks – also diejenigen, die seit Anbeginn der Szene angehörten - zunehmend von den Bildflächen der Festivals verschwanden. Man merkte es an den ausbleibenden Besucheranströmen. Man merkte es am über die sozialen Medien geäußerten Unmut der teilnehmenden Food Trucks. Also eine ganze Reihe an Indizien, die darauf hindeuteten, dass es eben alles andere als etwas Besonderes war, auf einem Food Truck Festival zu sein. Sowohl als Besucher, als auch als Trucker.
Warum ich nie den Drang verspürte, auf einem Festival zu verkaufen
Für mich gab es fünf Gründe, warum ich mich nie für ein Food Truck Festival angemeldet habe.
1. Konkurrenz
Nicht, dass ich mich mit mein Speisen nicht getraut hätte. Ich hatte schlichtweg keinen Bock gegen 19 andere Trucks darum zu buhlen, dass die Besucher ihr Essen bei mir kaufen. Denn auf ein Festival fährt man ja nicht zum Spaß oder weil man nichts Besseres zu tun hätte. Man möchte damit Geld verdienen. Und weil man den ganzen Tag bzw. das ganze Wochenende dort steht, auch richtig viel. Es soll sich lohnen und nicht nur ein „Hauptsache kein Minus“-Unterfangen werden.
Häufig hörte ich von Veranstaltern Sätze wie „Genau dein Konzept fehlt noch“, „Dein Angebot würde das Lineup noch perfekt abrunden“ oder „Es gibt Stand jetzt niemanden, der das gleiche anbietet wie du“. Das haben sie vermutlich den anderen 19 Trucks auch gesagt.
Jetzt mal ehrlich: Alles Festivals mit mehr als 10 Trucks kämen für mich alleine schon aufgrund der Konkurrenzsituation nicht in Frage. Und bei allem drüber, müssten tatsächlich die versprochenen 10.000 Besucher kommen, damit es sich überhaupt lohnt. Denn die Leute essen nicht an allen 20 Food Trucks etwas, sondern bei zwei, vielleicht noch bei drei. Aber dann sind sie satt. Und machen sich dann irgendwann mit einer vollen Plauze wieder vom Acker.
2. Teilnahmegebühren
Ein weiterer Punkt waren die Teilnahmegebühren. 400 € pro Verkaufstag, 100 € Müllpauschale, 80 € für das „Social-Media-Werbepaket“ und 50 Freimarken für die Mitarbeiter des Festivals. Schwupps käme man auf um die 1.000 € an Ausgaben, um - wenn es gut läuft – 3.000 – 5.000 € Umsatz zu machen. Nach Abzug des Wareneinsatzes, Personalkosten, Sprit, etc. bleiben dann vielleicht noch 1.000 – 3.000 € übrig. Wenn es gut läuft. Für 16 Stunden auf dem Festival und einer Bruttoarbeitszeit (inkl. Einkauf, Vorbereitung, usw.) von 30-40 Stunden. Das geht besser …
3. Floprisiko
Wie viele Leute kommen, wenn das Wetter schlecht wird? Wenn irgendeine andere Großveranstaltung in der Nähe ist? Wenn der Veranstalter seine Hausaufgaben nicht macht? Und was passiert, wenn der Veranstalter insolvent geht? Das Risiko war mir einfach immer zu hoch. Und ja, auch Letzteres war in der Street Food Branche keine Seltenheit.
4. Falsche Versprechen
Gleich nach dem Satz „Genau so ein Konzept wie deines fehlt uns noch“ kam meist das Argument „Wir erwarten 10.000 Besucher“ … oder gar 20.000. Vielleicht kommt auch ganz München mit seinen 1,47 Millionen Einwohnern. Das könnte durchaus der Fall sein. Da ich auf solche Versprechungen gleich zu Beginn meiner Food Trucker Karriere schon bei anderen Events reingefallen war, schenkte ich diesen Aussagen wenig Beachtung. Völlig egal, welcher „renommierte“ Experte mich da anrief. Überhaupt – wer macht Kaltakquise, wenn er es nicht nötig hat?!
5. Caterings
Der wichtigste Grund, warum ich mit meinem Truck nie auf einem Food Truck Festival stand war jedoch ein anderer. Möchte man sich für ein Festival anmelden, muss man sich frühzeitig entscheiden. Meist ein halbes Jahr oder etwas länger im Voraus. Ich müsste also im Winter festlegen, welche Tage ich im Sommer für die Festivals blockieren muss. Wenn ich das wollen würde, könnte ich sogar von Januar bis Dezember den Terminkalender mit Festivals und Events anderer Art auf Selbstzahler-Basis vollklatschen. Und mich damit binden. Ich möchte aber nicht gebunden sein. Vor allem nicht, wenn ich dafür auch noch Geld bezahlen muss und mich ins Ungewisse stürze.
Spätestens ab dem Zeitpunkt, ab dem abzusehen war, dass mein Catering-Geschäft so gut läuft, dass ich irgendwann sogar gar nichts mehr anderes machen möchte, war für mich klar, dass ich niemals auf einem Streetfood Festival verkaufen werde. Wozu Lotto spielen, wenn ich die sicherere, ertragreicherere, planbarere Schiene fahren kann?
Wenn du doch so neunmalklug sagst, ein freier Verkauf wäre dir zu heikel, warum warst du dann überhaupt im Mittagsgeschäft unterwegs?
Guter Punkt.
Lass mir dir erklären, wieso ich mit meinem Foodtruck für sehr lange Zeit einen Mittagstisch angeboten habe.
Zum einen ist der Mittagstisch für Foodtrucks so etwas wie ein Sprungbrett. Wenn du mit deinem Truck loslegst, kennt dich erstmal kein Schwein. Und kein Schweiner und keine Schweinin. Wenn du nicht gerade Jamie Oliver heißt oder in irgendeiner anderen Form eine Person der Öffentlichkeit bist, kannst du also davon ausgehen, dass dir die Leute am Anfang nicht die Verkaufsklappe einrennen wie Schnäppchenjäger am Black Friday. Es geht also darum, erstmal bekannt zu werden. Dein Name muss sich herumsprechen und den Menschen deiner Stadt muss klar werden, dass du die richtige Adresse bist, wenn es um geiles Essen geht.
Das Internet reicht dafür nicht aus. Das Internet ist nur ein (großes) Puzzleteil für dich, das du aber erst nutzen kannst, wenn Menschen in der realen Welt tatsächlich etwas bei dir gegessen haben. Und dafür hält der Mittagstisch her.
Durch eine gezielte Auswahl deiner Standorte kannst du sicherstellen, dass man dich irgendwann nicht nur bei dir um die Ecke kennt, sondern in der ganzen Stadt und darüber hinaus. Du hast im Gegensatz zu einem Festival einen überschaubaren zeitlichen Aufwand und musst vor allem (in der Regel) dafür keine Standortgebühren zahlen. Dein Umsatz bleibt also zu 100 % bei dir.
Noch wichtiger ist allerdings die Tatsache, dass du dir beim Mittagstisch Stammkundschaft aufbauen kannst, während das bei einem Festival kaum möglich sein dürfte. Du hast also nach einer gewissen Zeit eine planbare Größe, wie viele Portionen du an jedem Verkaufstag an deinen Standort verkaufen wirst. Wenn es an einem Standort über längere Zeit nicht so gut läuft, dann wechselst du ihn einfach.
So läuft der Hase.
Welche Alternativen gibt es zu Food Truck Festivals?
Eine Menge. Im Prinzip alles, wo Leute in großer Anzahl zusammenkommen. Z.B.: Messen, Musik-/Kultur-/Sportevents, Tage der öffnen Tür, …
Vor allem war ich von Messen überzeugt. Denn die Vorteile einer Messe sind, dass sie einerseits zu humanen Zeiten stattfinden (im Gegensatz zu einem Musikfestival, das bis spät in die Nacht gehen kann) und dass sich die Leute dort meist für längere Zeit aufhalten. Und früher oder später bekommen sie Hunger. Und Durst. Sie werden sich also mit Garantie etwas kaufen. Und auch die Aussteller werden sich etwas kaufen. Die vielleicht sogar mehrmals am Tag. Klammern wir die Food-Messen mal aus, dann kannst du meist davon ausgehen, dass auf Messen die Konkurrenzsituation wirklich überschaubar ist. Ich spreche hier nicht von den Riesenmessen in den Messezentren, sondern von den Nischenmessen mit ca. 2.000 – 5.000 Besuchern. Das Ziel der Veranstalter wird hier nicht sein, den Gästen ein Sammelsurium an Speisemöglichkeiten zu bieten.
Aber muss man dafür keine Gebühren zahlen?
Doch, meist schon. Dennoch lassen sich viele Veranstalter von Nischenmessen auf eine Provisionsregelung bzw. eine Regelung mit ein paar Freimarken. Du zahlst also nur viel, wenn du auch viel umsetzt. Und je nachdem, wie gut du verhandelst, sind 10 % Umsatzprovision nicht utopisch. So etwas klingt für mich fair.
Bei den wichtigen Kunden bekannt werden
Hinzu kommt der Aspekt, dass solche Nischenmessen oft im B2B-Bereich stattfinden. Im Gegensatz zum Streetfood Festival sind die Besucher keine Familie, die am Sonntagnachmittag nichts besseres zu tun hat, als sich ein paar Wägelchen anzuschauen und sich bei ihnen den Bauch vollzuschlagen, sondern. Sondern es sind Menschen, die im Auftrag ihrer Firma unterwegs sind. Was denkst du, welche Kategorie von Kunden die eher für ein Catering buchen würde: der Firmenmensch oder die Sonntagsfamilie? Du kannst dadurch wertvolle Kontakte für dein Catering-Geschäft knüpfen. Deine Bekanntheit steigt also nicht auf der Couch im Dorf, sondern im Bürokomplex in der Stadt.
Wie auch immer du dich entscheidest, welchen Weg du gehen möchtest, solltest du hin und wieder ein Resümee ziehen: Was hat sich gelohnt, was hat sich nicht gelohnt? Was machte mir Spaß, was war furchtbar? Was möchte ich in Zukunft machen und was nicht?